#SISF 2023

Zum Ende des Jahres lässt man ja gerne Revue passieren, wie alles so war und was man so erlebt hat. Für mich war das Highlight – neben meinem ersten eigenen Bühnenprogramm – das diesjährige “Scottish International Storytelling Festival (SISF) in Edinburgh. Hier ein kleiner subjektiver Nachklapp mit Schnappschüssen.

Das Festival fand wie immer in den letzten beiden Oktoberwochen statt. Das Motto stand im Zusammenhang mit dem 75. Jahrestag der Erklärung der Menschenrechte: „Right To Be Human” (in etwa: „Das Recht/Richtig Mensch(lich) zu sein“).

Los gings für mich – noch von daheim – mit einigen Onlineformaten:

Besonders beeindruckt hat mich “Just enough” – „Gut genug“ von Cara Roberts und Catriona Blanke. Nicht nur das Motto spricht mich sehr an, sondern auch die von den beiden ausgewählten Geschichten, und ihre jeweilige Art zu Erzählen. Cara und Catriona haben dabei auch das Projekt der „Welt/Erden-Geschichten“ (Earth Stories Collection) vorgestellt: Als Kulturgut-Saatgut Archiv sollen dort Geschichten bereitgestellt werden, die im Weitesten mit den Leitlinien der Erd-Charta zu tun haben.

Ebenfalls online trafen sich Gäste und Erzähler:innen, um sich mit dem Erzählstoff von Aschenputtel zu beschäftigten. Rewilding Cinderella nennt sich ein Projekt, das verschiedene Varianten des Märchens erkundet und den Stoff auch mal im heutigen (er-)leben wiederfindet. “Rewilding” bedeutet etwa “Renaturieren” oder “Auswildern”, das trifft den Ansatz sehr gut, finde ich. Wer sich von der Bandbreite der Fundstücke und Erzählweise überraschen lassen will, die:der findet auf der verlinkten Webseite auch Videos.

Bei weiteren Online-Veranstaltungen ging es unter der Überschrift “Green City:
Healing and Hope?” um die historische, gesellschaftliche und individuelle Bedeutung von Gärten und Stadtgrün, und beim Workshop “The Sea: Our Last Wilderness” mit Dawne McFarlane und der Musikerin Mairi Campbell um ein modernes Meer-Märchen, wobei wir auch mal überlegt haben, wie sich die ganze Sache aus Sicht des Windes oder des Seegrases dargestellt hätte.

Aber dann: Ab nach Schottland!

“In the world and out of it”

Geschichten und Balladen von Stanley Robertson, erzählt und gesungen von Sheena Blackhall mit improvisierten Klängen auf selbstgebauten Instrumenten von Maria Sappho und Live-Malerei von Kate Steenhauer. Ein faszinierendes Konzept, für schwerhörige Nicht-Muttersprachler:innen unter den Gästen allerdings recht anspruchsvoll.

Das SISF endete ja kurz vor Halloween. Passend zu der sich ausbreitenden Stimmung erzählte, rezitierte und musizierte David Brown nordisch-gruseliges zum Thema “The feast of the Dead” – Das Fest der Toten.

Immer eine sichere Bank ist das Format “Open Hearth”, bei dem sich wunderbare Mischungen von Geschichten und Temperamenten ergeben. In diesem Fall diejenigen von Beverley Bryant, Marion Kenny, und John Nicol. Spektakuläre Musik dazu gab es von Ryan Young. Ein Musikvideo hier gibt einen guten Eindruck 🙂

Zwischendurch noch ein Workshop, mit dem treffenden Titel “Basket of Stories”. Douglas Mackay und ein weiterer Kollege erzählten Geschichten, während wir Teilnehmer:innen uns mit Anleitung und Hilfe von Hermione Toulson im Umgang mit Weidenruten übten und dann an dem Korb flochten, der hier rechts im Bild zu sehen ist.

“Flying Horse of Earthdom”

Zum Abschluss und überaus passend zum Motto des SISF 2023 gab es eine wunderbare Geschichte von Duncan Williamson über wahre Familie, Akzeptanz, spezielle Begabungen, Wundertiere und über das Dazulernen. Ein Baby mit Missbildung wird von seinem königlichen Vater verstoßen, und vom König eines ganz anderen, geheimen Reiches aufgezogen…

Ebenso beeindruckend war die Erzähler:innen-Riege, die sich hierfür zusammengefunden hatte: David Campbell hatte die Geschichte einst von Duncan gehört und in einem seiner Bücher veröffentlicht. Dieser Abend nun war sein letzter Auftritt als Erzähler. Mit ihm erzählten Mio Shudo, Jimmy Williamson und Linda Williamson, hier im Bild mit ihrer Enkelin, die der ganzen Geschichte mit ihrem Bruder auf der Bühne sitzend lauschte.