Die Aufmerksamkeit der Jugend
Mein Fundstück des Tages stammt von 1777: In diesem Jahr teilte der Göttingische Professor J.G.H. Feder einige seiner Einsichten in das Erziehungswesen durch eine Zuschrift an die Herausgeber der Pädagogischen Unterhandlungen mit, wo sie prompt abgedruckt wurden. Seine Ausgangsfrage war:
Wie bekommt man seine Zöglinge dazu, aufzupassen?
Nun, Feder zufolge weckt bzw. bewahrt ein Gegenstand in einem oder mehreren von fünf Fällen die Aufmerksamkeit der Jugend. Nämlich wenn er
1) für sie selbst von Interesse ist,
2) angenehme Vorstellungen hervorruft, oder
3) die „Empfindungskräfte stark erschütter[t]“ und so „aus dem beschwerlichen Gefühle stagnierender Kräfte [=Langeweile] uns heraus reisset“.
Auch 5) „Sympathie“ – hier verstanden im Sinne von „Nachahmungstrieb“ – hilft: Wenn nämlich die anderen Jugendlichen schon aufmerksam sind.
Ferner nützlich sind
6) eine gewisse Neuheit „der Sachen selber als des Vortrags“ und natürlich
7) Furcht vor Strafen.
Besonders interessant aber – für Erzähler:innen vielleicht genauso wie für Pädagog:innen – fand ich Feders Punkt
4) zur „Art der Darstellung“, den ich Euch deshalb nicht vorenthalten wollte:
„Angenehm und interessant kann die Art der Darstellung, der Vortrag, Dinge machen, und die Aufmerksamkeit für sie gewinnen, wenn dem Redner alles so leicht vonstatten geht, Sprache und Action schön und anpassend sind, daß es ein Vergnügen ist, ihn anzusehen und ihm zuzuhören; wenn er recht natürlich von der Wahrheit und der Wichtigkeit der Sachen überzeugt scheint, und so durchdrungen, daß er gar nicht an die Absicht, seine Zuhörer zu überreden, zu denken scheint, am wenigsten an die Künste der Sprache und der Action; sondern nur so ganz seine Empfindung und seine Überzeugung heraus zu reden; ohne jedoch in schwärmerische Convulsionen zu verfallen – dann, dann sind die Seelen der Zuhörer in seiner Gewalt; und die meisten wissen nicht, wie ihnen geschieht.“
Quelle:
Feder, Johann Georg Heinrich (1777/78): Von den Mitteln, die Aufmerksamkeit der Jugend zu gewinnen. In: Pädagogische Unterhandlungen 1, S. 163–184, hier: S. 167. Digitalisat in: „Scripta Paedagogica Online SPO“ der Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung des DIPF, online verfügbar unter https://scripta.bbf.dipf.de/viewer/object/1162219556_1778/165/.